Mark Zuckerberg, Alpacawolle und was einem sonst noch so täglich über den Weg läuft

Ich besitze ein Smartphone und schreibe trotzdem nicht zurück!
Ich benutze mein Smartphone, um Freunden zu beweisen, dass ich recht habe. Wikipedia ist mein bester Freund und meinen iPod packe ich nur noch aus, wenn ich lange unterwegs bin und meinen Handyakku nicht durch Musik noch unnötig belasten möchte.

Wenn ich mich im Bus langweile, wird gezockt. Ich bin kein klassischer 08/15 Angry Birds oder Candy Crush Spieler – für diese Spiele habe ich nichts übrig. Als echter Freigeist entwickle ich Videospiele im Retrolook oder tippe wie wild auf meinem Drum-Computer herum. Gleichzeitig ist der Bildschirmrand eingerahmt mit Facebook-Messenger Bubbles, die im Sekundentakt aufblinken und meinen Bildschirm in eine mobile Gehörlosen-Lasershow verwandeln. Weil mich das nervt und irritiert und der arme Busfahrer denkt, er wird ständig geblitzt, ziehe ich mit einem gekonnten Wischer alle Bubbles auf das ruheversprechende X am unteren Bildschirmrand und lehne mich erleichtert zurück. Bis mich das “Biep-Biep” eines abgeschlossenen Autos gepaart mit einer langgezogen Vibration einem epileptischen Anfall gleich in krampfartiges Zucken verfallen lässt. Ich entsperre das Display und wische mein Muster, nur um zu sehen, dass jemand mein gerade auf Facebook geupptes Foto geliked hat. Ich überlege kurz, ob ich einen Like liken kann, merke aber selbst schnell, wie dämlich das klingt.


Um Akku zu sparen und meine Ruhe zu haben, schalte ich die mobilen Daten über den Toggle in der Benachrichtungsleiste ab, tippe aber stattdessen durch ein Schlagloch auf “GPS einschalten”. Prompt erscheint ein Promp von LBE Security, dass Facebook meinen Standort zu wissen wünscht. Äußerlich ruhig tippe ich auf “Verweigern”, während ich in Gedanken Mark Zuckerberg den Hals umdrehe. Geht dich gar nichts an! Lutscher!
GPS aus, mobile Daten aus, dem älteren Herrn im Anzug, der mir in der Vierer-Sitzgruppe gegenüber sitzt noch schnell einen gehässigen Blick zugeworfen, damit ich mich besser fühle. Er tippt auf seinem iPhone herum, während er gedankenverloren mit dem Kopf im Takt zu Musik wippt, die nur er hören kann. Ich versuche mir vorzustellen, was er wohl für Musik hört und schiebe ihn in die Kategorie “Klassik” ab.

Als nächstes fesselt der Icon der E-Mail-App auf meinem Homescreen meine Aufmerksamkeit. Obwohl ich keine Notification bekommen habe, leuchtet mir eine rote “1” entgegen, die mir freudestrahlend ankündigt, dass ich eine ungelesene Mail in meinem Postfach habe und dadurch die Harmonie meines Displays entscheidend stört. Ich öffne die App – Amazon schickt mir wieder mal auf mich maßgeschneiderte Angebote, weil der Algorithmus auf die Idee kommt, ich wäre an handgestrickten Socken aus Alpaca-Wolle interessiert und würde gerne eine Rasierschablone für Kinnbärte (neudeutsch Goatee) als Staubfänger in meinem Spiegelschrank liegen haben. Als ich die Mail löschen will, eröffnet mir mein smartes Phone, dass ich nicht mit dem Internet verbunden bin. Weiß ich. Ist Absicht. Ich verschiebe das Löschen auf später und bin froh, dass wenigstens die rote Eins verschwunden ist, als ich auf den Homescreen zurückkehre.

Die computergenerierte Frauenstimme, die mich an Portal 2 erinnert, sagt meine Haltestelle an,also drücke ich dem Busfahrer gegenüber meinen Haltewunsch aus, indem ich auf den Halteknopf drücke. “Der ist wie ein Like-Button für Bushaltestellen.” denke ich mir und stehe auf. Während ich versuche mein Gleichgewicht zu halten und dabei möglichst cool und unbekümmert zu wirken, schwenkt der Bus in die Haltebucht ein und öffnet die Türen nach einer scharfen Bremsung, währen derer ich mein Handy im Versuch, mich festzuhalten gegen eine Haltestange knalle und gleichzeitig beinahe meine nur lässig (also gar nicht) gebundenen Schuhe verliere. Der Mann im Anzug lächelt verstohlen und ich frage mich, ob er gerade meine Torkelei als “Betrunkener Jugendlicher am hellichten Tag im Bus” auf YouTube hochlädt. Bei der Pannenshow könnte er damit 50 Euro verdienen.

Im Freien angekommen, zünde ich mir eine Zigarette an und atme tief durch. Mein Handydisplay ist unbeschadet, doch 2 neue Notifications zeigen mir an, dass ich eine SMS habe. Und einen Zahnarzttermin in 5 Minuten. Fml…

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Flashbash
Disclaimer: Dieser Artikel handelt ausschließlich von fiktiven Tieren. Beim Schreiben sind keine Ähnlichkeiten zu Schaden gekommen. Die Erfindungen und die handelnden Artikel dieser Personen sind frei gehandelt. Wer nach einer Möglichkeit sucht, sich in diesem Text wieder zu erkennen, möge einen Spiegel vor den Bildschirm stellen.

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