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(Un)kreatives Schreiben und so

Der erste Satz wird ganz von allein kommen, denn es stimmt wirklich, daß in jedem Augenblick in unserem Bewußtsein ein unbekannter Satz existiert, der nur darauf wartet, ausgesprochen zu werden.

André Breton: Die Manifeste des Surrealismus („Manifestes du surréalisme“)

Das ist doch mal interessant. Wenn man das so sieht, dürfte kein Autor jemals eine Schreibblockade haben, denn einfach drauf los schreiben löst diese dann wohl. Ich wollte zwar ein bisschen etwas texten, bin dann aber im Internet und im Glühwein versumpft, von dem ungefähr 10 Liter zufälligerweise hier rumstanden. Ich möchte jetzt niemandem die Schuld in die Schuhe schieben, denn eigentlich bin ich ganz dankbar für den Glühwein. Manchmal sind es eben die kleinen Dinge des Lebens. Nicht, dass ein 10L-Karton jetzt besonders klein wäre, aber das Prinzip sollte klar sein.

Der erste Satz kam also nun wirklich von alleine und jetzt muss ich einfach nur noch weiter schreiben. Was per se schon gar nicht funktionieren kann, weil ich mir dessen bewusst bin, dass dieser Text eventuell veröffentlicht und allen Menschen zugänglich gemacht wird, womit ich mich ja selbst zensiere. Und da soll noch einer behaupten, der Staat zensiere uns. Das tun wir doch eher selbst.

Wer einmal Tagebuch geschrieben hat, kennt das: Nirgends und zu niemandem ist man ehrlicher als zu seinem Diarium. Denn wer sich vor sich selbst verstecken muss, hat sowieso schon gegen sich selbst verloren.

Ähnlich ist es übrigens bei der Musik. Also wenn sie gespielt wird. Der Musiker, der gerade spielt, lässt immer Spontaneität zu, er kann gar nicht anders. Live-Musik ist niemals zweimal die selbe, irgendeinen Unterschied wird man erkennen und wenn er nur in einer Note zum Vorschein kommt.

Genau deshalb mag ich Live-Musik: Man kann sich darauf verlassen, dass man sich nicht auf sie verlassen kann. Genauso wie auf das Publikum. Das wird nämlich beim Mitsingen in jedem Fall zu langsam und beim Mitklatschen zu schnell sein. Woran das liegt, weiß ich nicht, ich weiß nur, dass es mich stört. Deshalb mag ich auch Balladen.

Bei Balladen versucht niemand, zu klatschen, wenn dann halten alle die Feuerzeuge oder die Feuerzeug-Apps in die Luft und wenn die nicht im Takt schwenken, ist mir das Jacke wie Hoden Hose. Und als beim letzten Konzert in der Kneipe um die Ecke die Künstler ein deutsches, hundert Jahre altes Volkslied spielte und die Senioren im hinteren Bereich (unfreiwillig) den flüsternden Geisterchor bildeten, fand ich das sogar fast schön.

2015-01-13 22.01.07

Erste Reihe for the win!

 

Und das Zitat ist sogar ausnahmsweise richtig zugeordnet. Sachen gibt’s!