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Warum etwas millionenfach besser ist als alles andere, wenn man zehn Gründe dafür finden kann

In der Zeit für Kinder von Kindern (ze.tt) habe ich neulich von einem neuen wissenschaftlichen Maßstab für die Bewertung von Lebenssituationen gelesen, den ich von nun an auf alles anwenden werde. Der Autor des Artikels “Warum alleine wohnen millionenfach besser ist als eigentlich alles” führt in seinem Werk zu Beginn kurz zwei Nachteile des Allein-Lebens auf, um dann in einer Buzzfeed-artigen Liste zehn Vorteile zu listen. Zwei Nachteile und zehn Vorteile bringen ihn sodann zur nicht zu vernachlässigenden Conclusio: Alleine Wohnen ist millionenfach besser als eigentlich alles. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Millionenfach besser! Als eigentlich alles! Nicht nur ist die Tatsache, alleine zu wohnen für den Autor besser als überhaupt zu leben, Sex, Kuchen oder der Weltfrieden, es ist ja millionenfach besser als alles. Nicht alles andere. Alleine wohnen ist millionenfach besser als alleine wohnen. Eigentlich. Wenn der Autor drei Wünsche bei einem Flaschengeist frei hätte, würde er sich zuerst wünschen, dass sein einer Mitbewohner auszieht, dann, dass der andere ebenso auszieht und der dritte und letzte Wunsch würde vermutlich lauten: Ich wünsche mir, dass nie wieder jemand bei mir einzieht.

Puff, unsere Chance auf den Weltfrieden ist soeben vertan worden, nur weil ein einzelner Mensch alleine wohnen möchte. Nicht zu vergessen, dass seine Mitbewohner nun eine neue WG suchen müssen und der onehin schon überlaufene Wohnraum in Deutschland nun um zwei Zimmer ärmer ist.

Und ich bin noch nichtmal auf die Gründe eingegangen, die ins Feld geführt werden. Diese taugen nämlich ebenso dazu, Gründe fürs gemeinschaftliche Wohnen zu sein. Glaubst du nicht? Hier kommen 10 Gründe, warum nicht alleine Wohnen besser ist als Sex, Kuchen und der Weltfrieden. Millionenfach besser:

1. Der Dreck ist nicht dein eigener

Stell dir vor: Deine Eltern oder Freunde kommen zu Besuch. In der Küche liegen wieder mal nur Verpackungen von Fertignahrungsmitteln und leere Alkoholbehältnisse. Du sagst einfach, dass das von deinen Mitbewohnern ist, und ersparst dir jegliche Diskussionen darüber, wie ungesund dein Lebensstil ist. Wenn du mal putzt und dein Mitbewohner saut sofort wieder alles ein, indem er sich Nudeln mit Würstchen (lecker) gekocht hat, ist er durch Anwendung kosmischer Ausgleichsgesetze sofort für die nächsten 8 Wochen mit putzen dran.

2. Zieh an was du willst – oder bleib einfach nackt

Wer im eigenen Wohnraum, den er sich mit anderen teilt, soziale Zwänge verspürt, die ihn Sonntags zum Tragen von etwas anderem als Jogginghosen verpflichten oder nicht nackt vor seinen Mitbewohnern herumlaufen kann, hat entweder auch noch ganz andere Probleme oder kein gutes Verhältnis zu sich selbst. Oder seltsame Mitbewohner.

3. Es ist immer etwas zu essen oder zu trinken im Kühlschrank

Wenn du nach einem durchzechten Tag nach Hause kommst, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass du noch irgendetwas zu essen findest. Oder gerade gekocht wird. Ein kaltes Bier gibt es noch gratis dazu, die nächste Runde kaufst du einfach beim morgigen Einkauf. Und wenn man mal 5€ in Geschirrtücher investiert hat, kann jeder sein eigenes Geschirrtuch als Serviette nehmen.

4. Du brauchst dich deinem Weltenhass nicht hingeben, weil du zuhause aufgemuntert wirst

Wenn du nämlich einen miesen Tag hattest, stellt dir jemand, ohne dumme Fragen zu stellen, ein Glas Wein hin und diskutiert mit dir über Sinn und Unsinn der Spargelzüchterei oder über die neusten Entwicklungen in Serien über südamerikanische Drogenkartelle. Glücklicherweise hat dein Mitbewohner Netflix, also bestellt ihr Pizza und schaut Narcos auf Netflix, während deine Sorgen vor der Tür warten.

5. Niemand kontrolliert die Anzahl deiner Sexpartner*innen

Wer kontrolliert das schon? Das ist sowieso egal und geht niemanden etwas an. Außerdem helfen dir deine Mitbewohner, sich die Namen zu merken.

6. Koch dein Essen, wie du willst

Nur schlechte Menschen mögen kein Knoblauch. Chili kann man auch auf dem Teller erst dazu packen. Wenn deine Mitbewohner sich an Zwiebeln oder Linsen stören, dann sind sie bald nicht mehr deine Mitbewohner. Das Gas ist stark in dir, Luke!

7. Niemand lässt gerne die Klotür offen – auch nicht alleine

Dann stinkt es nämlich in der restlichen Wohnung auch. Klotüren sind weniger dazu da, jemanden draußen zu halten, sondern eher dazu da, etwas drinnen zu halten. Und wenn wir schon beim Thema sind: Wenn deine Mitbewohner kontrollieren, ob du dein Gesicht gewaschen hast und dir, falls nicht, stumm oder laut Vorwürfe machen, dann wären die mir echt zu anstrengend. Siehen Punkt 6.

8. Lebe deinen Wohntraum und so

Wenn dir ein Dekoartikel gefällt, stellst du ihn einfach auf und gibst ihm einen witzigen Namen (wie Holger beispielsweise). Schon ist er Teil eures Wohntraums und niemand verurteilt dich. Und wenn es mal was wirklich hässliches ist, kümmert sich schon jemand anderes um die Entsorgung.

9. Ruhe wann du willst

Wenn du in Ruhe gelassen werden willst, gibt es auch in einer WG einen einfachen Weg: Geh in dein Zimmer und schließe die Tür. Wenn du das aber nicht möchtest, hast du immer jemanden zur Hand, mit dem du spontan am Montag abend eine Party veranstalten kannst, weil die Vorlesung am morgen eh nicht so wichtig ist. Und wenn du wirklich mal Ruhe brauchst, fährst du nach Hause und lässt dich von Mutti verwöhnen.

Und wer in einer WG wohnt und in seinem Zimmer nicht die Musik hören kann, die er möchte, wohnt vielleicht eher in einer Kaserne und sollte zehn Liegestützen machen. Jetzt.

10. FREIHEIIIIIT!!!!

Satzzeichen und Vokale sind zwar immer noch keine Rudeltiere, andererseits wurde hier ja auch nicht wirklich ein Grund genannt, weshalb ich nicht wirklich nach einem Gegenargument suchen muss. Stattdessen liste ich hier einfach noch ein paar Dinge auf, die laut Autor millionenfach schlechter sind als alleine zu wohnen:

  • der Dalai Lama
  • Motorrräder
  • Island
  • Einhörner
  • Mülltrennung
  • Umweltschutz
  • Bücher
  • Schokolade
  • Wein
  • Schlafen

Lachhaft!

Sex oder Kuchen?

Die schwierige Aufgabe, neue Mitbewohner zu finden, wird ja in den heutigen Zeiten immer weniger schwierig. Die Wohnungsknappheit in den Unistädten lässt den Ansturm auf freie WG-Zimmer immer mehr zu einer Aufgabe ähnlich anspruchsvoll wie die Jobsuche werden. Da werden Anzeigen geschaltet und WG-Castings durchgeführt. Man will ja schließlich nicht irgendeinen Mitbewohner, sondern einen Menschen, der idealerweise in das Sozialgefüge der bestehenden WG hineinpasst und diese um seine Persönlichkeit bereichert.

Der Unterhaltungswert des Ganzen liegt auf der Hand: Die gesamte WG findet sich zum Happening zusammen, trinkt Bier und empfängt hoheitsvoll die Anwärter, wobei versucht wird, möglichst intelligente Fragen zu stellen, bei deren Beantwortung der Kandidat die Möglichkeit hat, seine Tauglichkeit unter Beweis zu stellen. Eine sehr wichtige dieser Fragen lautet: Sex oder Kuchen?

Nun bin ich ja selbst schon hauptberuflich Mitbewohner und befinde mich somit auf der gemütlichen Seite der Couch, möchte mich aber trotzdem einmal mit genau dieser Frage auseinandersetzen:

Als zu Ironie und Sarkasmus neigender Mensch würde die Antwort natürlich erst mal “Kuchen” sein. Da man als ahnungsloser Bewerber auf das Zimmer die Befrager nicht kennt, weiß man nicht, ob es eventuell eine interne Regel gibt, nach der die Beantwortung der Frage mit Kuchen gleich zum Auschluss führt. Profanerweise hat man natürlich auch erstmal Hemmungen, gleich Sex zu sagen. Deshalb würde ich wohl zu beidem tendieren. Obwohl “Beides” sicher keine erlaubte Antwort in diesem Spiel ist, müsste man sich natürlich die Frage stellen, ob “beides” auf Kuchen essen beim Sex oder Sex mit Kuchen hinausläuft. Ersteres ist sicher nicht einmal so ungewöhnlich, manche Leute stehen eben mehr auf Schwarzwälder Kirschtorte im Bauchnabel anstatt auf “diese Bier die so schön geprickelt ‘at…” und Sex mit Kuchen wurde uns ja in jungen Jahren in American Pie vorgemacht.

Geschmackssache also. Aber wie gesagt, keine erlaubte Antwort. Andererseits könnte man ja auch über die Sinnhaftigkeit der Frage an sich diskutieren. Spitzfindig, wie ich bin, fällt mir nämlich bei Kuchen gerade auch die Torte ein und als solche wird ja gerne mal umgangssprachlich und manchmal auch respektlos von einer Frau gesprochen. Vom Aussprechenden meistens in Bezug auf ihr begehrliches Aussehen reduziert, impliziert er oftmals sein Bedürfnis, mit dieser “Torte” in koitale Interaktion zu treten. Diese Interpretation führt also die Frage an sich ad absurdum; sie lautet dann: Sex oder Sex?

Womit wir wieder beim Drang zum Witzigsein angelangt sind, in diesem Falle entscheide ich mich nämlich für Kuchen.

Schokokuchen oder –kekse jeglicher Form dürfen gerne persönlich oder per Post an den Autor dieses Textes überbracht werden. Eine digitale Würdigung auf dieser Webpräsenz als Zeichen unendlicher Dankbarkeit wird in Aussicht gestellt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Angehörige der beteiligten Firmen (keine) sind zur Teilnahme verpflichtet.